JOHANNES STÖHR

In memoriam Bertrand de Margerie SJ

Am 4. Juli verstarb Professor Bertrand de Margerie SJ,einer der großen Theologen unserer Zeit. Seine Fachpublikationen, von denen leider nur wenige ins Deutsche übersetzt worden sind, sind ungewöhnlich zahlreich. Dies gilt umso mehr, als er nicht nur wie einige Kollegen eine lange Liste kurzer Aufsätzchen aufzuweisen hat, sich auch nicht ständig wiederholte oder manches vier bis fünfmal drucken ließ, sondern viele grundlegende und gut dokumentierte Werke verfasst hat. So hat er die wichtigsten Themen der systematischen Dogmatik methodisch sauber und tiefgründig behandelt; angefangen von der Trinitätslehre bis zur Eschatologie müssen viele seiner Bücher als Standardwerke gelten. Immenser Fleiß, scharfsinniges Urteilsvermögen und ein klarer eleganter Stil sind für ihn kennzeichnend. Seine bewundernswerte Sprachgewandtheit machte Publikationen in Italien, USA und Deutschland möglich; 12 Jahre lang war er Dozent an Ordenshochschulen in Brasilien und der USA gewesen. Auszeichnungen erhielt er von der Académie Française und wurde in die französische und amerikanische Gesellschaft für Mariologische Studien aufgenommen; er gehörte als Mitglied zur Päpstlichen Akademie des hl. Thomas von Aquin und zur Mariologischen Akademie sowie zur International Society of Patristic Studies. Am 2. September 2003 erschien auch ein Nachruf in der „Tagespost“ (D. Berger). Seine Liebe zu Papst und Kirche, seine Treue zur Tradition waren auch in den neuzeitlichen Wirren Frankreichs unerschütterlich.

Von großem Interesse auch für Deutschland ist neben den systematisch-dogmatischen Werken und moraltheologischen Klarstellungen seine grundlegende Arbeit über die Exegese der Kirchenväter – zumal es bei uns immer noch Exegeten gibt, die das Wirken des Hl. Geistes bei der Schriftauslegung im Laufe der Kirchengeschichte ignorieren, sich auf den philologischen Wortsinn der Bibel beschränken und sich nur auf gleichgesinnte moderne Mitglieder eines gewissen Zitier- und Lobeskartells berufen. Beachtlich ist auch seine scharfsinnige Erklärung des Dekrets der Religionsfreiheit – im Gegensatz zu vielen Missverständnissen. Ein Anliegen war ihm die Herz-Jesu-Verehrung und die Liebe zur Gottesmutter; auch christliche Einzelpersönlichkeiten verstand er theologisch zu würdigen (Josef, Bellarmin, Johannes vom Kreuz, Teresa de los Andes, Ignatius, Kard. Newman). Es wäre wünschenswert, wenn noch einige seiner Werke ins Deutsche übersetzt werden könnten.

(d.b.) Hingewiesen sei zudem zunächst auf die durch Prof. Stöhr erstellte Bibliographie der Werke de Margeries im Internet: www.teol.netsowie auf den Artikel über den Gelehrten im „Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon“, der auch im Internet einsehrbar ist: Bertrand de Margerie

Sodann auf das von Johannes Stöhr und Bertrand de Margerie gemeinsam verfasste Respondeoheft (Nr.5): Das Licht der Augen des Gotteslammes, Abensberg 1985. In diesem wird die kirchliche Lehre, dass Christus aufgrund der hypostatischen Union auch in seinem menschlichen Wissen teilhatte am göttlichen Wissen des Logos, spekulativ entfaltet und gegen Karl Rahner und dessen Schüler scharfsinnig verteidigt.